Pressestimmen
Mannheimer Morgen, 30.6.1998
Delikatessen-Konzerte
Die Mannheimer Reihe Musik genießen
Zugegeben - das Konzertangebot in Mannheim nähert sich der Sättigungsgrenze. Und dennoch: Das jüngste Reis am kräftigen Baum möge blühen und gedeihen. Im Handstreich gelang es zwei blutjungen Erzmusikanten, die Skeptiker unter den Neugierigen zu entwaffnen, die in erstaunlich großer Zahl der Einladung des Mannheimer Reiß-Museums zur Konzertreihe Musik genießen gefolgt waren. Unter dem Motto Musik, Moderation und Kulinarisches wollen der 25-jährige Geiger Friedemann Eichhorn und der 30-jährige Pianist und Musikwissenschaftler Peer Findeisen an sechs Sonntagnachmittagen sechs europäische Regionen vorstellen, unterstützt vom Mannheimer Delikatessen-Kontor, das in der Konzertpause regional passende Gaumenfreuden anbietet.
Die Premiere zum Thema "Wien" war ein überwältigender Erfolg. Beginnen wir mit den wienerischen Gaumenfreuden. In weiser Beschränkung auf das Wesentliche gab´s außer Wein und Sekt (mit Herkunftsbezeichnung) eine Tafelspitz-Sülze und Klößchen vom Donau-Waller, jeweils zum Sattessen für erstaunliche 8,50 Mark. Hingegen wurde zur echten Sachertorte schmerzlich der Kaffee vermisst.
Auch hinsichtlich der "anspruchsvollen Programmauswahl" hatten die beiden Künstler durchaus nicht zu hoch gestapelt. Abwechselnd moderierend, informierten sie ihr Publikum über die angeblich in einer Stunde entstandene zweisätzige Sonate G-Dur KV 379 von Mozart und über die ungewöhnliche Verschränkung von urigem Ländler ins höfische Menuett der G-Dur-Sonate opus 30,3 von Beethoven.
Dass sie ihren Bildungsauftrag ernst nehmen, bewiesen die beiden Musiker nach der Pause, als sie den vom kulinarischen Intermezzo beschwingten Musikfreunden auch die Zweite Wiener Schule näherbrachten. Für die fesselnde Wiedergabe der Phantasie opus 47 von Arnold Schönberg und die Vier Stücke opus 7 von Anton Webern ernteten sie hochverdienten Applaus, der sicher zur Hälfte auch den Werkeinführungen galt.
Die größte Überraschung hielt Friedemann Eichhorn mit den meist unterschätzten "Zugabe-Stückerln" von Fritz Kreisler parat. Das unglaublich wienerische Flair (Liebesleid, Schön Rosmarin) und das virtuose Brillantfeuerwerk (Präludium und Allegro) gewannen dem ausgesprochen lustbetont geigenden Twen die Herzen im Sturm. Die Vorfreude auf Böhmen und Mähren am 1. Juni ist jetzt schon beträchtlich.
Waltraud Brunst